• © Graft - Gesellschaft von Architekten mbH
  • © Graft - Gesellschaft von Architekten mbH

DISTINCT AMBIGUITY - Über eine gesunde Kultur des Risikos - Stadtplanung der Zukunft

GRAFT - Gesellschaft von Architekten mbH l Berlin

Lars Krückeberg

Die Architekten Lars Krückeberg, Wolfram Putz und Thomas Willemeit lernten sich bereits in ihrer Studienzeit kennen und gründeten GRAFT 1998 in Los Angeles. Das Büro ist international in den Bereichen Städtebau, Architektur und Design tätig. Seit 2001 unterhalten die Architekten eine Bürofiliale in Berlin, seit 2004 eine weitere in Peking. Insgesamt beschäftigt GRAFT rund 100 Mitarbeiter auf drei Kontinenten.
GRAFT zeichnet sich durch seine experimentierfreudige und interdisziplinäre Entwurfspraktik und seine futuristische Formsprache aus. GRAFT’s visionäre Designphilosophie beruft sich dabei auf einem der Botanik entnommenen Verfahren des Aufpfropfens. Mit Blick auf die tägliche Arbeitspraxis bedeutet dies, die traditionellen Grenzen in Frage zu stellen – denn gerade durch interdisziplinäre Arbeiten und Methoden entsteht Unerwartetes.

Glück und Nachhaltigkeit, Spaß und Ernsthaftigkeit

Lars Krückeberg über Mehrdeutigkeit bei der Architektengruppe GRAFT

von Gisela Graf, Freiburg | gisela graf communications

Sie gelten als Popstars und junge Wilde der Architektur, als trendige Lifestyle-Architekten. Doch Lars Krückeberg, Mitgründer der Architektengruppe GRAFT, räumte gleich zu Eingang seines Vortrags vor über 300 Gästen mit solchen „Signaturen“ auf: darauf möchten sich die Architekten nicht festlegen – oder zumindest nicht nur. So hat zum Beispiel das bekannte Projekt Make it Right, das die Architekten seit 2007 mit Brad Pitt realisieren, ein höchst ehrenwertes Ziel: ein armes, aber kulturreiches Viertel in New Orleans, das vom Hurrikan Katrina zerstört wurde, wird von 21 renommierten Architekten nach den Kriterien Bezahlbarkeit, Nachhaltigkeit und hohe Designqualität wieder aufgebaut.

Einen Widerspruch zwischen glamourös und verantwortungsvoll sehen die GRAFT-Architekten in ihrer Arbeit nicht – was auch der Firmenname ausdrückt. Der Begriff „to graft“ bedeutet „pfropfen“, also zwei unterschiedliche oder sogar gegensätzliche Dinge miteinander verbinden. So finden bei GRAFT auch scheinbare Widersprüche zueinander, wie etwa ernsthafte Ziele verfolgen und Spaß dabei haben. Denn bei aller Experimentierfreude, Lust an der Leichtigkeit und dem Spiel mit Konventionen geht es bei den Projekten, die die Architekten rund um den Globus verwirklichen, vor allem um Ökologie, Ressourcen, soziale Verantwortung und die Verbindung mit lokalen Traditionen.

GRAFT entwirft hippe Hotels und schicke Läden, aber auch Krankenhäuser oder eine Zahnklinik, die eher wie ein Spa wirkt als ein Ort des Schmerzes. In die Betonwüste Tokios pflanzten die Architekten einen kleinen grünen Wohnberg, ein Hybrid aus Wohnlandschaft und vertikalem Park, der sein Aussehen durch die verschiedenen Blühzyklen permanent ändert. Vom Interior Design zum Urban Design, vom Handwaschbecken bis zur Stadtplanung reicht das Spektrum ihrer Projekte. So stromlinienförmig ihre Architektur ist, so fließend auch die Grenzen zwischen den Disziplinen, in denen sich die Architekten bewegen: Design, Musik, Film, Philosophie, Sozialethik, Technik und Ästhetik vermischen sich zu den Zukunftsstrategien von GRAFT.

Mit den programmatischen Schlüsselbegriffen Mehrdeutigkeit, Neugier, Erzählung, Glück und Mut erläuterte Krückeberg im Konzerthaus das höchst anspruchsvolle Anliegen der Architekten. Unter Mehrdeutigkeit versteht er, dass Architektur immer auch ein Hybrid sein darf, der Gegensätzliches vereint. Die Neugier sei die Triebfeder des kreativen Arbeitens. Weil sie neugierig waren, gründeten die Architekten aufgrund eines Auftrags ein Büro in China, denn sie wollten die Kultur und Mentalität der Chinesen verstehen, wenn sie für sie bauen. Geschichten wiederum machen die Architektur zugänglicher, verständlicher. Glück ist für die Architekten schlicht ein Synonym für Nachhaltigkeit. Denn sollte nicht der Versuch, eine nachhaltige Welt zu gestalten, dem Streben nach Glück entsprechen? Wenn dabei Plusenergie-Einfamilienhäuser entstehen, die den Energieüberschuss in Elektroautos fließen lassen – ist das nicht mindestens erfreulich? Mut schließlich sei die Bereitschaft, auch unkonventionelle Dinge zu wagen. Als Beispiel, betont der aus Hannover stammende Architekt, sehe er den SC Freiburg, der es schaffe, mit wenigen Mitteln viel zu bewegen – womit er die Herzen der Freiburger gewann.

Mit wenigen Mitteln wurde auch das Non-Profit-Projekt Solarkiosk ein Erfolg. Afrika fehlt eine wichtige Ressource: Strom. Warum ist noch niemand darauf gekommen, einfach das im Überfluss vorhandene Sonnenlicht mit Solarenergie in Strom umzuwandeln? Plötzlich ermöglicht die autarke Energiegewinnung, dass jemand Getränke kühlstellen und einen Kiosk betreiben kann. Handys können dort geladen, Lebensmittel gekühlt, Wasser gesäubert werden. Medizin kann aufbewahrt und kranke Menschen können versorgt werden. Es entstehen unzählige Möglichkeiten, Geschäftsfelder zu eröffnen, die mehr Wohlstand bringen. Inzwischen werden schon Erweiterungen hin zur Halle entworfen, um Energie in den Schwarzen Kontinent zu bringen – und auch in andere entlegene Ecken der Welt. Ein hehres Ziel, das Technik, Engagement, Nachhaltigkeit und auch Glück miteinander verschmelzen lässt. GRAFT eben.

Lars Krückeberg | GRAFT - Gesellschaft von Architekten mbH l Berlin
Die Architekten Lars Krückeberg, Wolfram Putz und Thomas Willemeit lernten sich bereits in ihrer Studienzeit in Braunschweig kennen und gründeten GRAFT 1998 in Los Angeles, Bürofilialen in Berlin und Peking kamen später dazu. Das Büro ist international in den Bereichen Städtebau, Architektur und Design tätig. Insgesamt beschäftigt GRAFT rund 100 Mitarbeiter auf drei Kontinenten.
GRAFT zeichnet sich durch seine experimentierfreudige und interdisziplinäre Entwurfspraktik und seine futuristische Formsprache aus. GRAFTs visionäre Designphilosophie beruft sich dabei auf einem der Botanik entnommenen Verfahren des Aufpfropfens. Mit Blick auf die tägliche Arbeitspraxis bedeutet dies, die traditionellen Grenzen in Frage zu stellen – denn gerade durch interdisziplinäre Arbeiten und Methoden entsteht Unerwartetes.

GRAFT - Gesellschaft von Architekten mbH l Berlin
graftlab.com