• adidas Laces © kadawittfeldarchitektur

Diskurs in Drei D

kadawittfeldarchitektur l Aachen

Kilian Kada


Die Entwurfshaltung von kadawittfeldarchitektur gründet auf der Überzeugung, dass Architektur die Aufgabe hat, über ihre funktionale Bestimmung hinaus Mehrwerte zu schaffen.
Sie verstehen darunter Eigenschaften, die im Programm einer Planung nicht vorgegeben sind, aber durch die genaue Analyse in der räumlich-architektonischen Umsetzung gewonnen werden können.

kadawittfeldarchitektur l Aachen
www.kadawittfeldarchitektur.de

Mehrwert-Architektur durch Kommunikation?

Kilian Kada von kadawittfeldarchitektur zeigt, wie das geht

von Gisela Graf, Freiburg | gisela graf communications

Architektur ist nie isoliert. Sie ist immer kontextabhängig und steht in Wechselwirkung mit ihrer Umwelt, denn Architektur ist Kommunikation. Wenn der Diskurs über das Objekt funktioniert, ist das ein Mehrwert, der über die bloße Nutzungsbestimmung hinausgeht. Dafür ist der Architekt verantwortlich.

Davon ist Kilian Kada, Gesellschafter von kadawittfeldarchitektur in Aachen, überzeugt. „Wir untersuchen Bauaufgaben und überlieferte Typologien auf versteckte Potentiale, um wechselseitige Qualitäten zwischen Architektur und Kontext zu generieren“. Der „Diskurs in Drei D“, die Kommunikation mit und über Architektur ist auch nötig, denn die Bedürfnisse etwa von Bauherren, Nutzern und der Öffentlichkeit sind nicht immer dieselben. Wie finden diese zueinander?

Das Büro, das derzeit über 70 Mitarbeiter beschäftigt, setzt dabei auf Vermittlung und Ausgleich – eben Kommunikation – als Voraussetzung für den Erfolg und die Akzeptanz des Gebauten. Das wird auch in der internen Unternehmensstruktur gelebt: die Arbeitsweise basiert auf dem Konzept des dialogischen Arbeitens – dem Arbeiten im großen Team, dem ständigen Austausch und einem starken Gemeinschaftsgefühl. Keiner sitzt alleine über einem Entwurf, das Ergebnis ist immer in dynamischer Gemeinschaftsarbeit entstanden. Auch die eigene website, die Pressearbeit und eine Firmenzeitung dienen nicht nur dem Außenauftritt, sondern auch dem eigenen Innehalten und der Reflexion. Im Dialog ermitteln die Architekten die Qualitäten einer Architektur, die im Programm einer Planung nicht vorgegeben sind, aber ein Surplus, einen Mehrwert schaffen – ohne dabei Budgets zu überschreiten. Das klingt nach viel Theorie, lässt sich aber an den konkreten Beispielen gut nachvollziehen, die Kada zeigte.

Herzogenaurach in Mittelfranken ist nicht gerade ein Ort, mit dem ein Arbeitgeber künftige Mitarbeiter locken kann – auch nicht wenn er Adidas heißt. Der Sportartikelhersteller ist sich dessen bewusst und versucht den Standort mit attraktiver Architektur aufzuwerten. Für den Bau eines neuen Forschungs- und Entwicklungszentrums hat er Kadawittfeld ins Boot geholt. Entstanden ist 2011 „Adidas Laces“ (laces = Schnürsenkel). Der Grundriss des Firmengebäudes, in dem 1.700 Designer, Entwickler und Marketingstrategen arbeiten, sieht wie ein eingeschnürtes Viereck aus. Das Atrium im Inneren wird über die sieben Etagen von Stegen überspannt, die die Büros auf kurzen und direkten Wegen miteinander verbinden – und gewissermaßen zusammenhalten, so wie Schnürsenkel einen Schuh binden. In der Nähe der Büros befinden sich Meeting- und Loungebereiche sowie farbenfrohe Teeküchen, die die Kommunikation der Mitarbeiter fördern. Corporate Identity könnte sich wohl kaum stärker im Gebauten ausdrücken, und gleichzeitig ist es ein Abbild der internen Unternehmensstruktur: offen und transparent. Spätere Nutzerbefragungen haben gezeigt: Adidas Laces ist ein attraktiver Arbeitsort. Kada betont, dass solche Reality Checks dem Büro wichtig sind.

Auch für das Direktionsgebäude der AachenMünchener Versicherung suchte Kadawittfeld nach mehr als nur der funktionalen Bestimmung als Bürokomplex. Die Zentrale belegte eine große Fläche in der Aachener Innenstadt. Hier war es vorhersehbar, dass diese unattraktiv für die Öffentlichkeit und außerhalb der Bürozeiten veröden würde. Ein Effekt, der auch einer positiven Wahrnehmung des Unternehmens entgegenstehe, meint Kada. Also machten die Architekten die Gestaltung des Areals zu einer städtebaulichen Aufgabe und gestalteten Freiräume und Wege, die auch von der Öffentlichkeit genutzt werden können. Eine Treppe mit schrägen Stufen, die eine direkte Verbindung zwischen Hauptbahnhof und Dom schuf, wurde nach anfänglicher Skepsis zu einer Publikumsattraktion. Ein brückenartiger, gläserner Boulevard verbindet die einzelnen Versicherungsgebäude und bietet Platz für Restaurants und Cafeterien. So schuf Kadawittfeld aus einem isolierten Bürogebäude einen kommunikativen, öffentlichen Raum und verband verschiedene Funktionen und Bedürfnisse der Firma, der Stadt und ihrer Bürger – das versteht Kada unter Mehrwert-Architektur.

Kilian Kada, Kadawittfeldarchitektur / Aachen
Kadawittfeldarchitektur wurde von Klaus Kada und Gerhard Wittfeld 1999 in Aachen gegründet. Der interdisziplinäre Ansatz in ihrer Arbeit, in der Verknüpfung von Architektur, Innenarchitektur und Design zum einen und an der Schnittstelle von städtebaulichen Planungen und urbanen Projekten zum anderen, spiegelt die Bandbreite ihres kreativen Schaffens wider. Projekte wie die Fachhochschule und die Konzernzentrale der Pappas Gruppe in Salzburg/AT, das HSL Headquarter in Ljubljana/SLO, das Direktionsgebäude der AachenMünchener Versicherung in Aachen/DE und das Research, Design und Marketing Headquarter für die adidas Group in Herzogenaurach/DE stehen stellvertretend für zahlreichen Projekte im In- und Ausland.