• © Andrea Guth
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Heidelberg | Mannheim

Tagesexkursion

Eine der schönsten Städte Deutschlands und äußerst beliebtes Touristenziel. Renommierte Wissenschaftsstadt, Standort der ältesten Universität Deutschlands. „Global Green City“ und ein neuer Stadtteil als größte Passivhaussiedlung der Welt.

Wir besichtigen das Besucherzentrum des Heidelberger Schlosses, mit dem Max Dudler den seit vierhundert Jahren ersten Neubau auf dem Areal geschaffen hat. Wir informieren uns über die Bahnstadt, eines der größten Stadtentwicklungsprojekte Deutschlands auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs, das nach Fertigstellung rund 6.000 Einwohner und 7.000 Arbeitsplätze beherbergen soll.

Doch Heidelberg bietet noch mehr: die IBA will die Stadt der Zukunft erforschen. Unter dem Titel Wissen l schafft l Stadt werden Prozesse und Bauprojekte rund um das Thema „Wissensgesellschaft“ initiiert und umgesetzt. Ein Dialog über Stadträume soll angeregt werden, dessen Ergebnisse über die IBA hinaus wirken, denn die IBA ist ein Labor auf Zeit.

Heidelberg, du Feine

Sommer-Exkursion zu neuer Architektur am Neckarstrand

von Gisela Graf, Freiburg | gisela graf communications

So mancher will sein Herz in Heidelberg verloren haben. Die Reisegruppe aus Freiburg kam aber nicht wegen Romantik und Liebe, Altstadt und Schloss, sondern wegen aktueller Architektur, die die ehemalige Kurpfalz-Residenz ebenfalls zu bieten hat – darunter sogar ein ganzes neues Quartier.

Wie Freiburg ist Heidelberg wegen seiner Attraktivität und als Wissenschaftsstandort eine wachsende Stadt. Deshalb entsteht gerade auf einem ehemaligen Güterbahngelände die „Bahnstadt“ auf mehr als 100 Hektar mit etwa 5.000 neuen Wohnungen und ebenso vielen Arbeitsplätzen – in zentraler Lage und doch am Stadtrand. Da war die Neugierde unter den Freiburger Architekten groß, zumal der neue Stadtteil fast komplett im Passivhausstandard gebaut wird. Nach dem Rahmenplan des Büros Trojan + Trojan blieben die alten Wegstrukturen erhalten, die Fassaden präsentieren sich vor allem in einheitlichem Beige und Weiß. Hier, ebenso wie an Details und der Materialwahl, waren jedoch Kompromisse zwischen Investoren und Stadtplanern sichtbar. Besonders gut gefallen haben den Freiburgern die von Latz + Partner gestalteten Freiräume und die klare Stadtkante mit Promenade und Blick auf die freien Felder.

Viel kompakter und komplexer war der Umbau des Theaters und Philharmonischen Orchesters in der Innenstadt. Ein Theater zu bauen ist ohnehin schon eine anspruchsvolle Aufgabe: Es soll dem Publikum einen verführerischen Rahmen für ihr Kulturerlebnis geben und gleichzeitig ermöglichen, dass hinter den Kulissen technisch wie logistisch alle Arbeiten reibungslos ineinander greifen. Das hier aber war eine echte Herausforderung auf kleinstem Raum: ein klassizistischer Bau von 1853, der schnell zu klein und deshalb stetig in die benachbarten Häuser erweitert wurde, bis ein unüberschaubares Labyrinth entstand. 2006 musste das Theater aus Sicherheitsgründen geschlossen werden. Das Darmstädter Büro Wächter + Wächter sanierte die historischen Altbauten, organisierte die Raumordnung komplett neu und verband das ganze Ensemble über einen dezenten und doch selbstbewussten Neubau, dessen Proportionen sich an den Bestandsbauten orientieren. Eine durchgehende Dachplatte auf acht Meter Höhe verbindet sämtliche Elemente. Die Gliederung der vollverglasten Fassade durch schmale Fertigteilstützen und die Beschränkung auf die wenigen Materialien Glas, hellgrauen Sichtbeton und Eichenholz führen zu einer ruhigen Formensprache. Im Innern sind der alte und der neue Theatersaal über die Bühne L-förmig miteinander verbunden und können bei Bedarf zu einem Raum geöffnet werden. Besonderen Wert wurde auf die Akustik im Neuen Saal gelegt; sie wurde intensiv an einem Modell im Maßstab 1:10 erprobt.

Schließlich – Romantik hin oder her – durfte auch das Schloss nicht fehlen, neben Neuschwanstein Deutschlands Haupt-Attraktion für Touristen aus aller Welt. Nach einer kurzen Mittagsstärkung ging es also hinauf zur „berühmtesten Ruine der Welt“, wo es nach vierhundert Jahren zum ersten Mal einen Neubau gibt. Das Besucherzentrum von Max Dudler präsentiert sich den Ankommenden als monolithischer Kubus, der sich trotz der klaren Form in die Umgebung einfügt, als sei er schon immer da gewesen. Das liegt auch an dem grob behauenen, lokalen Neckartäler Sandstein und den dicken, scheinbar massiven Außenwänden. Große Fenster mit über zwei Meter tiefen Laibungen zitieren die angrenzende, unter Friedrich V. gebaute Sattelkammer. Doch die minimal verfugten Steine sind sehr schmal und dienen nur als Verblendung. Im Innern gibt die tragende Stahlbetonwand Einbuchtungen und Nischen für Verkauf, Lager oder Sitzgelegenheiten in dem großen und hellen Raum frei.

Wäre das Restaurant in der Sattelkammer schon fertig gewesen, wäre die Gruppe sicher gerne länger an diesem Ort geblieben, doch ging es ohnehin gleich weiter im Programm: Das „C-HUB“ an der Mannheimer Hafenmeile war der letzte Punkt auf der Liste. Das Gründerzentrum, das sich ausschließlich an Kreative wendet, wurde von Hartwig Schneider Architekten aus Stuttgart erst 2015 fertig gestellt. Es besteht aus einem Neubau und einer umgebauten Lagerhalle, die Ausstellungsräume und Gastronomie beherbergt. Für den C-Hub verwendeten die Architekten in Anlehnung an den industriellen Charakter der Ziegelbauten durchgefärbten roten Ortbeton, der die großen Fenster wie ein Raster rahmt. Die Innenräume sind mit versetzbaren Trennwänden möglichst flexibel, um auf Umnutzungen reagieren zu können. Die aufgeweiteten Erschließungszonen mit zweigeschossigen, zum Kanal orientierten Kommunikations- und Pausenbereichen fördern den sozialen Austausch.