Architektur erleben
avanto architects ltd l Helsinki
Ville Hara l architect SAFA
Suomi 7, eine Ausstellung Anfang 2015 im DAM (Deutsches Architekturmuseum), Frankfurt zeigte sieben junge Architekturbüros aus Finnland. Eines dieser Büros war Avanto.
Trotz ihres jungen Alters bewährten diese sich mit international anerkannten Projekten. Sie stehen für eine herausragende Generation junger, finnischer Architekten. Die finnische Tradition der offenen Architekturwettbewerbe bildet die Basis für den möglichen Erfolg aufstrebender Architekturbüros.
Die ausgewählten Projekte des Büros zeigen die Vielfalt der Arbeiten. Kleine und landestypische Gebäude, wie Saunas oder Ferienhäuser, zählen genauso zum Repertoire der jungen Architekten, wie Kulturbauten, Kirchen, Schulen, Universitäten und Wohnhäuser.
Sommerhaus, Sauna, Sakrale Räume
Ville Hara von Avanto Architects über kleine und große Bauten in Finnland
von Gisela Graf, Freiburg | gisela graf communications
Architekten denken bei Finnland sofort an Alvar Aalto, an minimalistische, funktionale und zurückhaltende Architektur. Inzwischen gibt es dort jedoch auch eine kleine und lebendige junge Architektenszene, die sich von dem großen Vorbild losgelöst hat. Eines dieser jungen Architekturbüros, das auch international schon viel Aufsehen erregt hat, ist Avanto Architects aus Helsinki. Ville Hara stellte es dem gut besuchten Architekturforum vor.
Eines der erklärten Ziele des Büros ist, mit seinen Gebäuden Gefühle zu erzeugen – und bereits die allererste Arbeit hatte viel mit Emotionen zu tun: die Friedhofskapelle St. Lawrence in Vantaa. Anu Puustinen, die noch studierte und Ville Hara, der gerade sein Diplom gemacht hatte, nahmen 2004 an einem offenen Wettbewerb teil, ohne sich wirklich Chancen auszurechnen. Die Aufgabe war, eine Kapelle mit Einsegnungshallen für den Friedhof zu gestalten, die sich in das Umfeld mit der mittelalterlichen Kirche einordnen sollte. Zu ihrer eigenen Überraschung gewannen sie den 1. Preis – und Avanto Architects war gegründet.
Puustinen und Hara fragten sich, wie man mit Architektur trösten kann. Da es ihnen wichtig war, den Menschen während der Zeremonie Halt zu geben, wurde der letzte Weg vom Diesseits ins Jenseits zum wichtigsten Motiv. Drei Einsegnungshallen sind mit hellen Mauern, Zwischenräumen, Höfen und einer ausgeklügelten Lichtführung so miteinander verbunden, dass sich keine Wege kreuzen und die Trauernden nicht gestört werden. Gleichzeitig geben ihnen das Licht und die Wegeführung Orientierung. Die zweigeschossige Anlage mit ihren weiß gekalkten, massiven Ziegelmauern ist horizontal und flach ausgerichtet, während sich der Glockenturm schlank nach oben streckt. Vorpatiniertes Kupfer, mal als Wand- oder Deckenverkleidung oder als halbtransparente Textilstruktur eingesetzt, erzeugt mit seinem intensiven Blau eine fast mystische Stimmung. Die verwendeten Materialien, Ziegel, Kupfer, Schiefer, Glas und Holz stammen größtenteils aus der Umgebung und werden teilweise traditionell im lokalen Kirchenbau verwendet.
Die Architekten von Avanto gehen immer vom Ort aus, den sie gestalten sollen, und analysieren ihn sehr lange und intensiv. Für sein eigenes Sommerhaus auf einer einsamen Insel hat Ville Hara sogar über zwei Jahre hinweg den Ort in einem Bauwagen beobachtet, bevor er sein Haus entwarf. Der Grundriss hat die Form eines Kreuzes, die Fensterfassaden an den Enden orientieren sich mit dem Tagesablauf nach dem Sonnenstand, nur das Schlafzimmer ist nach Norden ausgerichtet. Das Haus sei „ein Rahmen für die Natur“, erläuterte Hara. Beheizt wird das asketische Haus mit nur zwei Holzöfen, Wasserleitungen gibt es gar nicht. Fast jede Familie in Finnland besitzt ein Sommerhaus, doch was so naturnah wirkt, sei ökologisch sehr bedenklich, meinte Hara. Denn da niemand auf fließend Wasser verzichten will, müssen die unbewohnten Häuser im Winter beheizt werden, was den CO2-Ausstoß verdoppelt. Das ist, was der Finne eigentlich demonstrieren wollte: es geht auch ohne.
Finnland ist ohne Sauna undenkbar. Gut fünf Millionen Einwohner und über drei Millionen Saunen sprechen für sich. Nur noch wenige Saunen sind öffentlich; eine davon ist Löyly im Zentrum von Helsinki. Im ehemaligen Hafen, der derzeit in ein Wohngebiet umgewandelt wird, entstand 2016 eine landschaftsähnliche, teilweise begehbare Holzskulptur auf polygonalem Grundriss. Das Restaurant und die Saunen im Innern befinden sich in einem langgestreckten schwarzen Betonquader mit großflächigen Verglasungen. Zwischen den Holzlamellen, die gleichzeitig als Sicht- und Sonnenschutz dienen, und dem massiven Bereich entstehen interessante Zwischenräume mit einem unregelmäßigen Licht- und Schattenspiel. Auch hier herrscht eine fast sakrale Stimmung, was durchaus angebracht ist. In der Tat durchläuft man in der Sauna ein bestimmtes Ritual, einen Prozess in mehreren Stationen. Das sei „ein bisschen wie eine Kapelle“ - womit sich der Kreis zur ersten Arbeit schließt. Denn letztlich steckt hinter allem das gleiche Ziel: „Wir möchten mit unserer Architektur bewirken, dass sich die Menschen darin wohl fühlen – das motiviert uns“.
Ville Hara, Avanto Architects | Helsinki
„Avanto“ ist der Name für das Loch, das im Winter ins Eis geschlagen wird, um darin zu baden – in Finnland ein beliebtes Hobby. Im übertragenen Sinn möchte das Büro eine Umgebung schaffen, die Gefühle erzeugt. Nachhaltigkeit spielt für die Naturliebhaber ebenfalls eine große Rolle.
Das Büro wurde 2004 von Ville Hara und Anu Puustinen gegründet, nachdem sie den offenen Wettbewerb für die Friedhofskapelle in Vantaa gewannen. Diese finnische Tradition des offenen Wettbewerbs ermöglicht es auch jungen Büros, sich mit guten Projekten zu profilieren. Heute bearbeiten Avanto Architects mit drei weiteren Mitarbeitern die ganze Bandbreite an Architekturaufgaben vom Produktdesign bis zu Stadtplanungsprojekten.
avanto architects ltd l Helsinki
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