• Projekt Wohn- und Geschäftsareal Seestadt Aspern © Tschinkersten
  • Projekt Zentrale Doppelmayr © Alleswirdgut

Kaiser, Oper, Apfelstrudel... und andere Wiener Schmankerl

AllesWirdGut Architektur ZT GmbH | Wien, München

DI Herwig Spiegl

Das Architekturbüro AllesWirdGut, gegründet 1999, zählt mittlerweile 70 Mitarbeiter mit Hauptsitz im Zentrum Wiens. Mehr als 50 Projekte im In- und Ausland stehen auf der Referenzliste. Vom Städtebau bis zum Shopausbau reicht die Kompetenz.
Seit 2016 gibt es auch eine Dependance in München – Begleiterscheinung einer Reihe von gewonnenen Wettbewerben und mittlerweile neun aktuellen Projekten in Deutschland, wie den Münchner Wohnbauten am Prinz-Eugen-Park und in der Ludlstraße, der Funke-Medien Zentrale in Essen, einer Schullandschaft in Hamburg und das Landratsamt in Erlangen.

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Schöne neue Welt

Herwig Spiegl von AllesWirdGut über die Zukunft des Wohnens und Forderungen an die Stadt

von Gisela Graf, Freiburg | gisela graf communications

Eigentlich wollte der Wiener Herwig Spiegl über Klischees seiner Heimatstadt sprechen. Doch dann kam es anders: Die Geburt seines Sohnes Leopold veranlasste ihn, über die Zukunft im Allgemeinen und besonders des Wohnens zu philosophieren. Daraus wurde ein spannender und kurzweiliger Vortrag in der Aula der Katholischen Akademie in Freiburg – mit einem Zukunftsszenario, das einen schwindlig werden und daran zweifeln ließ, ob es den Beruf des Architekten in Zukunft überhaupt noch geben wird.

Kein Mensch kann die Zukunft vorhersehen, aber man kann versuchen, die Zeichen zu deuten und daraus Schlüsse zu ziehen. „Sie entsteht nicht nur durch Technologie, sondern durch verändertes Denken und gesellschaftlichen Wandel. So sagt etwa die Statistik über das Heiratsverhalten mehr darüber aus, wie der künftige Wohnungsbau aussehen wird als Spekulationen über technische Neuerungen“, verkündete Spiegl und illustrierte dies augenzwinkernd mit einer utopischen Zeichnung von 1912, wie vollautomatisch das Bauen im Jahr 2000 aussehen würde. Dennoch wird sich durch Automatisierung und Digitalisierung alles verändern. Schon heute kann ein 3D-Drucker ein kleines Haus für 10.000 Dollar in 24 Stunden oder Brücken bauen, und Drohnen haben bereits eine Seilbrücke geknüpft. Das ist zwar noch im Prototyp-Bereich, doch steuert auch BIM (Building Information Modelling) bereits jetzt viele Prozesse an Großbaustellen und macht damit Architekten direkte Konkurrenz. Wie viel Spielraum für Kreativität bleibt für Architekten in der neuen Welt, und worin besteht sie?

Zunächst einmal begegnet man bereits heute kreativitätsverhindernden Zwängen: die Wettbewerbsauslobungen definieren im Vorfeld, wie der Wohnungsbau auszusehen hat. Im Bürobau vermitteln Berater dem Bauherrn, was er braucht, für die Umsetzung sorgt BIM. „Und so bauen wir immer wieder das Gleiche“ – zwar alles im Sinn einer grünen, effizienten, smarten und profitablen Stadt, doch „müssen wir mehr denn je auf unsere sozialen Bedürfnisse achten und Städte für uns als Menschen bauen“, verlangte Spiegl und legte gleich einen ganzen Anforderungskatalog vor. Eine Stadt müsse Beziehungen fördern, Begegnungen ermöglichen und öffentliche Räume anbieten. AllesWirdGut legt deshalb großen Wert auf die Zwischenräume, in denen Begegnungen stattfinden. Sie planen Erschließungsräume wie zum Beispiel Treppenhäuser so, dass man sich gerne darin aufhält und sich begegnen muss: zunächst für ein Sozialwohnungsprojekt in Wien, dann in München und derzeit in größerer Form für die gerade entstehende Seestadt Aspern in Wien. Und warum nicht ein Unternehmen wie ein Dorf organisieren? Für den Neubau des Hauptsitzes des global tätigen Seilbahn-Herstellers Doppelmayr in Wolfurt (Vorarlberg) übertrugen die Architekten die Dorfstruktur mit Platz und Gassen in einen funktionalen Komplex mit mehreren Einzelbauten und entsprechender Raumabfolge – und haben so gleich auch eine weitere Forderung an die Stadt umgesetzt: den menschlichen Maßstab einzuhalten.

Kreativität, meinte Spiegl, besteht auch darin, effiziente Lösungen zu finden, innovativ zu sein oder neue Konzepte zu entwickeln. So könnten Wohngemeinschaften, flexible Grundrisse oder das Tauschen von Wohnungen je nach Bedarf Entwürfe der Zukunft sein.

Mit dem Hotelprojekt Magdas, das 2015 eröffnete und gleich für Schlagzeilen sorgte, konnte AllesWirdGut dazu beitragen, sozialgesellschaftliche Probleme zu lindern: Das Hotel wird hauptsächlich von Flüchtlingen betrieben, die auf dem Arbeitsmarkt sonst kaum Chancen hätten. Das Projekt war so erfolgreich, dass sich durch die Partizipation von Anwohnern eine Eigendynamik entwickelte.

Herwig Spiegl entwickelte mit seinen Kollegen eine interaktive Ausstellung, die Besucher spielerisch nach ihren Wohnträumen befragte. Diese fand bis Mai 2017 in Stuttgart statt. Nach Auswertung der Wünsche und Ideen in der jeweiligen Stadt soll ein entsprechendes Wohngebäude entwickelt werden. Doch gleich in welcher Stadt: jeder Mensch wohnt, daher ist von diesem Thema auch jeder betroffen – damit sich Städte entwickeln, „in denen sich auch mein kleiner Leopold einmal wohl fühlen wird“, schloss Spiegl seinen Vortrag.

Herwig Spiegl, AllesWirdGut | Wien

Herwig Spiegl studierte in Wien, Montreal und London Architektur. AllesWirdGut, gegründet 1999, zählt mittlerweile 70 Mitarbeiter mit Hauptsitz im Zentrum Wiens. Mehr als 50 Projekte im In- und Ausland, vom Städtebau bis Shopausbau stehen auf der Referenzliste. Seit 2016 gibt es auch eine Dependance in München – Begleiterscheinung einer Reihe von gewonnenen Wettbewerben und mittlerweile neun aktuellen Projekten in Deutschland, wie den Münchner Wohnbauten am Prinz-Eugen-Park und in der Ludlstraße, der Funke-Medien Zentrale in Essen, einer Schullandschaft in Hamburg und das Landratsamt in Erlangen. Mit dem Magdas Hotel hat das Büro viel Aufsehen erregt.

AllesWirdGut Architektur ZT GmbH | Wien, München
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