• Studentenwohnhäuser © Anne Rombach
  • Furtwanglehof Furtwangen © Anne Rombach
  • Kilpenhof Gutenbach © Anne Rombach

Viel Holz

Kuner Architekten PartmbB l Furtwangen

Gregor und Philipp Kuner

Die Schwarzwaldhäuser bilden die Basis für die Jahrhunderte alte Kulturlandschaft und Holzbautradition im Schwarzwald. Die ersten sog. "Heidenhäuser" entstanden nach der Rodung des Waldgebirges ab dem Jahr 1000.
In diesem Spannungsfeld zwischen der einerseits Jahrhunderte alten und bewährten Holzbautradition und den andererseits sich ändernden Lebensformen und Bedürfnisse der Bewohner und Nutzer befindet sich das Arbeitsfeld von Kuner Architekten in Furtwangen.
Der Vortrag soll Einblick geben in die regionale Baukultur des Südschwarzwaldes. Ausgewählte Projekte verdeutlichen wie durch die Anwendung klassischer Konstruktionsprinzipien und Gebäudetypologien, verbunden mit aktuellen Einflüssen, zeitgemäße Gebäude entstehen können.

Viel Holz

Philipp und Gregor Kuner von Kuner Architekten geben Einblick in die regionale Baukultur des Südschwarzwaldes

von Gisela Graf, Freiburg | gisela graf communications

Was haben die luftigen, ultraleichten Konstruktionen, wie sie am namhaften Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK) in Stuttgart entstehen, mit der Schwarzwälder Bautradition zu tun? Es ist die Philosophie dahinter: der ressourcenschonende Umgang mit dem Material, das Reduzieren der Tragwerke auf das Notwendigste, aber auch das Tüfteln, Forschen und Experimentieren im Rahmen der Möglichkeiten, die das Material bietet. Was am ILEK geforscht wird, ist im traditionell armen Schwarzwald seit Jahrhunderten pure Notwendigkeit. Philipp Kuner, der in Stuttgart studierte und über Werner Sobek die Ingenieurskunst von Frei Otto und Jörg Schlaich kennenlernte, experimentierte selbst in seiner eigenen Firma Studio LTA mit Leichtbaukonstruktionen für temporäre Architekturen – unter anderem mit Folien und Mortadellahaut. Ob Folie oder Holz, ob hypertec oder traditionell: der Umgang mit dem Material ist pragmatisch und schnörkellos.

Philipp Kuner musste sich also nicht groß umstellen, als er 2016 in den bodenständigen Schwarzwald zurückkehrte, um ins Architekturbüro seines Vaters Gregor einzusteigen. Das Büro kombiniert die jahrhundertealte Holzbautradition mit zeitgenössischen Methoden schon seit über 35 Jahren. Umgeben von Wald und holzverarbeitenden Betrieben, haben die Architekten die Kontakte zu lokalen Handwerkern und Zugang zu deren Wissen, Können und Gespür für das Material. Dies zu nutzen und trotzdem zeitgemäß zu bauen, ist die Philosophie des Büros. Vater und Sohn kamen nun aus Furtwangen nach Freiburg, um über ihre Projekte rund um Furtwangen zu berichten und überzeugend zu demonstrieren, „wieso Architektur auf dem Land nicht von gestern sein muss“.

Die archetypische Form des Eindachhofs prägt die Schwarzwaldlandschaft schon seit Jahrhunderten. Immer seltener kommt es vor, dass solche Höfe komplett restauriert werden können, wie das 2003 sanierte Leibgeding „Pelzkappe“ bei Furtwangen. Oft wurden die Höfe aus Geldmangel schlecht bewirtschaftet, über die Jahre hier und dort notdürftig umgebaut oder sie verfallen ganz. So auch der „Furtwänglerhof“, ein einstmals prächtiger Waldbauernhof, der bis auf die Grundmauern niederbrannte. Er wurde durch ein kleines Wohnhaus mit einer separaten Halle für die Holzwirtschaft ersetzt. Während das Wohnhaus ganz konventionell ausfiel, hatten die Architekten bei der Halle alle Freiheiten, weil sie dem Bauherrn nicht wichtig war. Denn Architekturvisionen seien auf dem Land unangebracht, meinte Philipp Kuner: „Wenn Bauherren mit unseren Ideen nicht mitgehen, lassen wir es schnell sein, denn hier auf dem Land fühlen sie sich sonst schnell unwohl. Inzwischen gibt es aber von städtischen Architekten schöne Projekte, die beispielhaft sind und angenommen werden“. Es entstand eine zweigeschossige, auf beiden Ebenen mit großen Fahrzeugen befahrbare Halle mit einem riesigen Satteldach, das – auf 1.000 Metern Höhe – schwere Schneelasten aushalten kann. Deshalb besteht das Tragwerk aus einer Rahmenkonstruktion aus Rundhölzern im Verbund mit Holzleimbindern. Die Unterzüge sind aus Beton – wo es angebracht ist, setzt das Büro moderne Techniken und Materialien ein. Klassische, da sinnvolle Motive wie der große Dachüberstand wurden beibehalten.

Für ein Studentenwohnheim in Furtwangen haben die Architekten eine außergewöhnliche Mischung aus detailverliebter Handwerkskunst und Serienproduktion geschaffen, die Schule machen könnte. Auf einer ehemaligen Industriebrache mitten in der Stadt sollten kleine Wohnungen für 36 Studierende entstehen. Das Büro entschied sich für drei dreigeschossige Punkthäuser mit je drei Vierer-WGs, da diese besser zur Maßstäblichkeit des Ortes passten. Die Bauteile dafür wurden vorgefertigt. In der Winterpause konnte der Zimmermann in seiner Halle 36 Holzkisten fertigen, die vor Ort fast nur noch aufgeschichtet werden mussten. Voraussetzung für diese Technik war einerseits das Raumprogramm: Vier gleich große Zimmer gruppieren sich um einen zentralen Gemeinschaftsraum. Die Zwischenzonen, die für Küche, Treppenhaus und Sanitäranlagen genutzt wurden – auch um den Schall zwischen den Holzräumen zu mildern – sind aus Beton. Vor allem aber war eine detailgenaue Planung notwendig, denn vor Ort konnte nicht das Geringste angepasst werden. Dafür erfolgte der Aufbau des ersten Hauses innerhalb von zwei, der des dritten sogar an einem einzigen Tag. Diese Methode ermöglichte es, schnell und weitgehend unabhängig vom Wetter und damit auch günstig zu arbeiten. Die Außenwände wurden mit Holzschindeln verkleidet, ein im Schwarzwald vertrauter Anblick.

Philipp Kuner, Kuner Architekten | Furtwangen

Philipp Kuner war bis Ende 2015 Teilhaber des erfolgreichen Stuttgarter Studios für Leichtbau und Temporäre Architektur (LTA). Auf eine pneumatische Gitterschalenstruktur aus dem Studio wurde Hollywood aufmerksam, sodass diese zur steril und futuristisch anmutende Kulisse für den Film Selfless – Der Fremde in mir (2015) mit Ben Kingsley wurde. Heute arbeitet Philipp Kuner in Furtwangen als Partner seines Vaters Gregor in der Kuner Architekten PartmbB. Das kleine Büro mit insgesamt 4 Architekten deckt eine große Bandbreite an Projekten ab.

Kuner Architekten PartmbB l Furtwangen
www.kuner-architekten.de