• © ICD/ITKE/IntCDC University of Stuttgart, Rob Faulkner
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Ressourceneffizientes Bauen mit Naturfasern – livMatS Pavillon Freiburg

Katja Rinderspacher | Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung, Universität Stuttgart

Prof. Dr. Thomas Speck | Sprecher Exzellenzcluster livMatS | Direktor Botanischer Garten der Universität Freiburg

Das Bauschaffen hat sich im letzten Jahrhundert zu einer der materialintensivsten und umweltschädlichsten menschlichen Aktivitäten entwickelt. Der livMatS Pavillon im Botanischen Garten der Universität Freiburg zeigt eine nachhaltige, ressourceneffiziente Alternative zu konventionellen Bauweisen auf und ist daher ein wichtiger Meilenstein in Richtung Nachhaltigkeit in der Architektur. Er stellt das erste Gebäude dar, dessen tragende Struktur ausschließlich aus robotisch gewickelten Flachsfasern besteht, einem Material, das natürlich, erneuerbar, biologisch abbaubar und regional verfügbar ist.

Der bioinspirierte Pavillon wurde durch die innovative Verknüpfung von Naturwerkstoffen und modernsten digitalen Technologien ermöglicht und verdeutlicht anschaulich, wie integrative Co-Design-Methoden, durch die geometrische, materielle, strukturelle, produktionstechnische, ökologische und ästhetische Anforderungen schon in einem sehr frühen Stadium eines Projekts berücksichtigt werden, in Verbindung mit modernsten robotergestützten Fertigungstechniken und Untersuchungen zu natürlichen Werkstoffen eine einzigartige Architektur schaffen, die zugleich umweltfreundlich und gestalterisch ausdrucksstark ist. Das charakteristische, filigrane Erscheinungsbild der konstruktiven Elemente aus Flachsfasern erinnert sowohl an traditionelle Flechtwerke als auch an biologische Strukturen.

Katja Rinderspacher | M.Arch. (Hons) I Dipl.-Ing. (FH), Academic ITECH M.Sc.Coordinator Research Associate vom ICD - Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung in Stuttgart

Prof. Dr. Thomas Speck | Sprecher des Exzellenzclusters livMatS, Direktor des Botanischen Gartens der Universität Freiburg und von Freiburger Seite verantwortlicher Wissenschaftler des Projekts

ICD Universität Stuttgart

Cluster of Excellence livMatS @ FIT – Freiburg Center for Interactive Materials and Bioinspired Technologies

Nachhaltige Wohlfühlarchitektur aus robotisch gewickelten Naturfasern

von Sabine Lauffer, Freiburg | diestadtbetrachterin.de

Ein von der Natur inspiriertes Bauwerk, im Material- und Architekturbereich möglichst nachhaltig, das ein schöner Ort ist und Wohlbefinden auslöst. So ähnlich formulierte der Direktor des Botanischen Gartens der Universität Freiburg, Prof. Dr. Thomas Speck die Bauaufgabe, dessen Ergebnis seit Sommer 2021 im Botanischen Garten zu sehen ist: der livMatS Pavillon. Dieser beeindruckt durch seine lichtdurchlässige filigrane Netzstruktur, die aus robotisch gewickelten Flachsfasern entstanden ist.

Die biologischen Vorbilder sind Kakteenhölzer. Diese sind extrem leicht und ihre dreidimensionale Faserstruktur verleiht dem Körper eine besondere Stabilität. Für Prof. Dr. Thomas Speck stellte sich die Frage, wie man dieses „wunderschöne Beispiel, das die Natur uns voraushat, mit möglichst wenig Energie und mit möglichst wenig Material“ zum Bauen umsetzen könnte.

Aus dieser Grundidee entwickelte sich das Entwurfsprojekt. MasterstudentInnen des ITECH der Universität Stuttgart setzten sich mit der Herstellung und des Designs eines Gebäudes auseinander, dessen tragende Strukturen sich an den natürlichen Vorbildern orientiert. Im Zentrum des Entwurfs stand, „wie kann man Computer für Architektur nutzen und nachhaltiger denken“, erklärte die Architektin Katja Rinderspacher, Koordinatorin des ITECH Masterstudiengangs. Experimentiert wurde mit Flachsfasern, einem natürlichen, regional verfügbaren und recyclebaren Material, mit leicht bräunlicher Farbe und rauer Struktur. Zur besseren Stabilität wurde der Flachs durch einen Sisalstrang ergänzt und die gesamte Faser in Harz getränkt, bevor ein Roboter die Faser netzartig um einen Metallrahmen wickelte. Die Dichte der Webstruktur ergab sich aus den statischen Berechnungen. Insgesamt wurden 15 ähnliche Elemente hergestellt, die in wenigen Tagen vor Ort zusammengesetzt wurden.

Im nächsten Forschungsschritt soll das chemische Harz durch Naturharze ersetzt werden. Dazu finden bereits Untersuchungen am Pavillon statt. Das Dach aus Plexiglas ist ebenfalls noch ein Kompromiss und es wäre wünschenswert, dieses durch ein natürliches Material zu ersetzen. Das herausragende ist die Faserstruktur, ein guter Ansatz in Richtung ressourceneffiziente Bauweise.

© IntCDC, University of Stuttgart | Source: YouTube